IGEB Stadtverkehr
Wo ein Wille ist ...
Als „Begleitmusik“ zur Generalsanierung der Görlitzer Bahn zwischen
Baumschulenweg und Grünauer Kreuz im Jahre 2004 spielt uns der Berliner
Senat eine ganz eigene Wunschmelodie. Wenn man will, ist auch Geld da.
Die Deutsche Bahn saniert im nächsten Jahr ihre Strecke von Baumschulenweg
zum Grünauer Kreuz und erneuert in diesem Zusammenhang auch die Brücken über
den Sterndamm am Bahnhof Schöneweide. Diese sind schon länger ein Engpaß im
Autoverkehr, während der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) davon nicht
betroffen ist, denn die Straßenbahn hat einen eigenen Bahnkörper und die
meisten Buslinien enden dort als Zubringer oder kreuzen die Bahn an dieser
Stelle nicht.
Ganz klar ist: Wenn die Bauarbeiten an dieser Stelle einmal abgeschlossen
sind, dann möchte die DB AG nicht in wenigen Jahren nochmal alles aufreissen
um eine Straßenverbreiterung unter der Brücke zu ermöglichen. Der Senat
ergriff also richtig die Gelegenheit, um zu untersuchen, wie er seine
Veränderungswünsche in das laufende Projekt der Deutschen Bahn einbringen
kann. Dabei stellte sich heraus, daß eine Verbreiterung der Brücke in die
städtebaulich gewünschte Südrichtung sehr teuer wird. Die Rede ist von
mindestens 11 Millionen Euro nur allein als Anteil des Landes Berlin.
Als Alternative bot sich für Berlin eine Verlegung der Straßenbahn auf eine
separate Trasse an, die ebenfalls nicht mehr als 11 Millionen Euro kosten
soll, aber dafür den Platz unter der alten Brücke freimacht, um die Straße
verbreitern zu können. Dieser Straßenbahn-Tunnel soll dann aus Geldern für
den ÖPNV gebaut werden. Er soll auch auch für den Bus befahrbar sein und die
Haltestelle soll einen direkten Zugang zu den Bahnsteigen bekommen; außerdem
liegt sie nah am neuen Einkaufszentrum, das derzeit unmittelbar am Bahnhof
Schöneweide entsteht. Ein weiteres Plus ist die Verlängerung des bestehenden
Fußgängertunnels auf die Johannisthaler Seite.
Insgesamt eine gute Idee, aber die Umsteigesituation am Bahnhof Schöneweide
ist nicht die schlechteste und deshalb fragen wir uns: Warum wird der
Straßenbau-Etat, der den größten Nutzen aus dieser Planung zieht und der
Veranlasser ist, nicht mit den Kosten belastet? Hier zeigt sich, daß
offenbar genug Geld da ist, wenn es um die Förderung des Kraftverkehrs geht.
Wenn aber wie im Fall Alexanderplatz oder anderer Straßenbahn-Projekte
wirklich ausschließlich der ÖPNV profitiert, dann wird gespart!
Ein Straßenbahn-Tunnel unter dem Bahndamm mit neuer Haltestellenlage wirft
noch weitere Fragen auf. Was passiert mit dem Bahnhofsvorplatz, der heute
als Haltestelle dient?
Hier ist geplant, den Taxistand sowie P+R-Plätze anzulegen, die durch den
Kaufhausbau verloren gingen. Wir befürchten, daß dann vor dem Platz eine
Asphaltwüste entsteht die nur für Autofahrer interessant ist und würden
gerne mehr grün sehen, um auch die Anwohner dort vom Umbau profitieren zu
lassen. Wie kann die weitere Nutzung der Tramwendeschleife sichergestellt
werden, möglichst aus beiden Richtungen?
Hier konnte man uns zum Glück mitteilen, daß die Schleife erweitert wird für
den Einsatz von 60-Meter-Zügen und dann auch von beiden Richtungen benutzbar
ist.
Wie können die Umsteigebeziehungen zu den Bussen gesichert werden, die nur
auf den beiden Seiten des Bahnhofs halten? Hier hat die BVG das letzte Wort,
eventuell werden die Busse, die jetzt nur auf der Schöneweider Seite fahren,
durch den Tunnel geleitet, um das Umsteigen zu erleichtern. Wir bleiben an
der Sache dran, um eine Verbesserung zu erzielen.
Was wird aus dem Empfangsgebäude, wenn der Kundenstrom an Umsteigern es
nicht mehr braucht?
Das zur Straße stehende Bauwerk steht unter Denkmalschutz, wir befürchten
allerdings, daß mittelfristig wegen sinkender Umsätze die Serviceangebote
dort entfallen.
Bleiben den vielen dort endenden Buslinien genügend Aufstellflächen?
Die gesamte Fläche auf der Johannisthaler Seite bleibt bestehen und wird in
Verbindung mit dem neuen Fußgängerausgang lediglich neu geordnet.
Verschlechtert sich die Fußwegsituation von der Johannisthaler Seite zum
Bahnhof und zu den Haltestellen, wenn die Straße massiv verbreitert wird?
Laut Senatsauskunft nicht, aber die letzten Anpassungen an der
Ampelschaltung werden sowieso erst nach Inbetriebnahme erfolgen, wir werden
das also erst später sehen.
Die Lösung ist also insgesamt durchdacht, aber es muß jeden Betrachter
ärgern, daß eine schnelle und finanzierbare ÖPNV-Verbesserung in dieser
Stadt nur noch ein Anhängsel der Autoförderung ist. Wir meinen, daß der
Senat sich hier deutlich artikuliert hat, wo seine Prioritäten liegen.